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EU-Trust Blog
Florian Josef Hoffmann kommentiert

14. Juli 2015

Caparros lügt

Im Lebensmitteleinzelhandel herrscht seit Jahren ein gnadenloser Preiskampf, der schon eine Unzahl von Opfern mit sich gebracht hat. Ihre Namen: Allkauf, Deutscher Supermarkt, Leibbrand, Massa, Scharper, Reichelt, Stüssgen und Wertkauf, sind noch vielen bekannt. Diese Entwicklung zog das Bundeskartellamt im März u. a. als Begründung heran, um die Fusion Edeka/Kaiser'sTengelmann zu untersagen. Die Veröffentlichung der Ablehnung- und Untersagungsverfügung (Beschluss B2-96/14 vom 31. März 2015) im Internet am 9. März 2015 durch das Bundeskartellamt ermöglicht jetzt eine detaillierte Beurteilung dieser Entscheidung.

Nach unserer Auffassung sind folgende Feststellungen zwingend und geboten:

1. Edeka und Kaiser'sTengelmann (KT) beabsichtigten bereits im Jahr 2008 im Rahmen der Plus-Übernahme „auch für das Vollsortiment (KT) eine gemeinsame Beschaffung durchzufüh­ren, die aufgrund der kartellrechtlichen Bedenken jedoch nicht umgesetzt werden durfte“ (so der Beschluss). Diese Untersagung durch das Bundeskartellamt erzwang die Fortsetzung des Einkaufs über den Anbieter Bünting. Eine wesentlich effektivere Einkaufskooperation mit Edeka hätte jedoch seit 2008 die Profitabilität der Kaiser'sTengelmann-Gruppe hergestellt und damit die heutige Fusion überflüssig gemacht. Das Bundeskartellamt hat somit diesen Fusionsfall maßgeblich mit zu verantworten.

2. Wenn das Bundeskartellamt dagegen einwendet, dass sich dadurch der Preisdruck auf der Beschaffungsseite erhöhe, so muss es sich entgegenhalten lassen, dass das Amt ja bundes­weit über alle Branchen darauf erpicht ist, mehr Effizienz und niedrigere Preise „zum Wohle des Verbrauchers“ zu bewirken, dass das Amt also auch generell für die Drucksituation auf dem Beschaffungsmarkt verantwortlich ist. Damit entzieht es sich selbst das Argument als Klage darüber, dass es zu einer Konzentration auf der Beschaffungsseite kommt.

3. Bei der Verfügung vom 31. März 2015 handelt es sich erkennbar nicht um eine Untersa­gung, sondern um die Fesselung eines Unternehmens (Kaiser’s/Tengelmann). Sie ist umso unverständlicher, als dessen eigenständiger wirtschaftlicher Fortbestand - für alle Beteiligten erkennbar – aufgrund operativer Verluste über mehr als sechzehn Jahre und aus unterneh­merischer Verantwortung in Frage gestellt werden musste. Untersagt wurde dem Unterneh­men von der Behörde jedoch nicht nur die Fusion selbst, es wurden damit u. a. folgende Auf­lagen verbunden:

  • jede Reduzierung des Angebots um eine der angebotenen Warengruppen in den Bereichen Food und Nonfood I;
  • jede Änderung der Sortimentstiefe, die das Maß gewöhnlicher Listungen und Aus­listungen überschreitet (d.h. über 10% der Artikelanzahl einer Warengruppe);
  • jede Änderung der Sortimentsbreite, die das Maß gewöhnlicher Listungen und Aus­listungen überschreitet (d.h. über 3% der Artikelzahl des Gesamtsortiments);
  • jede Reduzierung der täglichen Öffnungszeit um mehr als einmalig eine Stunde;
  • jede Reduzierung der Werbeaktivitäten, insbesondere jede Reduzierung der Vertei­lung von Werbefaltblättern (d.h. Reduzierung des bisherigen Verteilgebiets oder der bisherigen Verteilzyklen um mehr als 10%);
  • jede nicht nur vorübergehende erhebliche Reduzierung des Personalbestands,
  • jede Einschränkung der notwendigen und üblichen Reparatur-, Instandhaltungs-und Reinigungsarbeiten,
  • eine Reduzierung des Lagerbestandes oder der Produktion durchzuführen,
  • jede Kündigung von Mietverträgen für die Räumlichkeiten der Carve-Out-Filialen,
  • das Ergreifen von Maßnahmen, die eine regelmäßige und wirtschaftliche Warenan­lieferung gefährden,
  • ein Abbau von Verwaltungsfunktionen

Angesichts dieses Kataloges von Einzeluntersagungen fragt es sich, wie das Unternehmen Kaiser's­Tengelmann heute überhaupt noch geführt werden kann und ob nicht die Auflagen alleine das Risiko des Verlustes Tausender von Arbeitsplätzen bergen, denn: Wie soll unter diesen Führungslasten das Unternehmen Kaiser'sTengelmann ein langjähriges Gerichtsverfahren – möglicherweise über zwei In­stanzen – überstehen?

Eine Unternehmensleitung, die sich diese Frage stellen muss, kann eigentlich nur den Fusionsan­trag zurückziehen. Mit den untragbaren Auflagen hätte/hat ergo das Bundeskartellamt mit einem Federstrich den Rechtsstaat ausgehebelt. Ohne Zweifel müssten im Fall einer Rücknahme – es sei denn Bundesminister Gabriel erteilt die Mi­nistererlaubnis - allerhärteste unternehmerische Einschnitte erfolgen, verbunden mit dem Verlust von Tausenden von Arbeitsplätzen, weil dann eben nicht mehr die Wirtschaftskraft der Edeka-Grup­pe zur Verfügung stünde, um soziale Härten großflächig abzufedern und Schlimmeres zu verhindern.

Wenn nun der Wettbewerber Rewe, in persona Alain Caparros, am vergangenen Donnerstag in einer ganzseitigen Anzeige verspricht, Kaiser'sTengelmann unter Erhalt der Arbeitsplätze und der Filialen zu übernehmen, so ist das eine Lüge, weil er das Versprechen nicht halten kann. Denn es ist allseits bekannt – und Rewe als Beigeordnetem zum Verfahren besonders -, dass das Bundeskartellamt eine Fusion Rewe/Kaiser'sTengelmann quasi mit denselben rechtlichen Argumenten untersagen würde, wie eine Fusion mit der Edeka-Gruppe.

1. Juli 2015

§ 1 GWB richtig gelesen

 

Der gelernte Jurist verinnerlicht im Rahmen seiner Ausbildung den Satz, „ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung“ - in unserem heutigen Fall erfolgt der Blick ins Gesetz für die Überprüfung des Rechts. Es geht um die zentrale Vorschrift unseres Kartellrechts, den § 1 GWB, die Generalvorschrift, die letztendlich den Kartellbehörden die rechtliche Handhabe liefert, Wirtschaftsunternehmen aller Größe mit Millionen- und Milliardenbußen zu belegen.

Diese Verbotsvorschrift lautet: „Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereini­gungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Ein­schränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.“

Und hier unser Beispiel: Es geht um unsere Industriemessen, und im Rahmen dessen um ein ganz konkretes Beispiel, nämlich die alle zwei Jahre stattfindende Internationale Automobilausstellung in Frankfurt, die berühmte IAA.

Veranstalter der IAA ist der VDA, der mächtige Verband der Automobilindustrie, der führende deutsche Branchenverband, wenn man so will. Dieser Verband mietet für die Ausrichtung der IAA von der Frankfurter Messegesellschaft das gesamte Messegelände, um dort die globale Autowelt zu präsentieren,

Die Ausrichtung der IAA erfolgt also zweifellos auf Beschluss einer Unternehmensvereinigung, man kann auch davon ausgehen, dass die führenden deutschen Automobilhersteller am Beschluss über die Organisation der Messe mitgewirkt haben, dass es sich also – zumindest teilweise - um eine Vereinbarung zwischen Unternehmen handelt.

Was aber ist der Inhalt dieser Vereinbarung? Sie kann doch nur die sein, dass die Frankfurter Messehallen und Messeplätze aufgeteilt werden, und zwar so aufgeteilt werden, wie es dem Veranstalter VDA und seinen Mitgliedern genehm ist: Die großen deutschen Marken vorne in der ersten Reihe und die ausländischen Marken nolens volens auch, aber bitte weiter hinten, Franzosen in Halle 4, Italiener in Halle 5, Japaner in Halle 6 und Koreaner an liebsten in Halle 10, Chinesen auf dem Freigelände, oder so ähnlich.

Damit dürfte außer Zweifel stehen: Die IAA-Vereinbarung dient der Verhinderung, Ein­schränkung und Verfälschung des Wettbewerbs.

Ein Graus für jeden Wettbewerbstheoretiker, der hier die Marktgesetze schändlich außer Kraft gesetzt sieht. Wenn wenn es nach seinen Vorstellungen ginge, also nach neutralen Regeln und nach Chancengerechtigkeit, dann müssten die Plätze verlost, versteigert, oder ausgeschrieben werden. EU-Recht lässt grüßen.

Einen Schritt weiter gedacht, gilt das verwerfliche Verhalten für alle Automobil-Messen weltweit, weil natürlich auf einer Detroiter Messe die US-amerikanischen Hersteller in der ersten Reihe stehen dürfen (und den Wettbewerb verfälschen) und auf einer Tokyoter Messe die Japaner, usw.

Noch einen Schritt weiter gedacht, gilt dasselbe für alle Messen, für alle Branchentreffs des Messe-Standorts Deutschland, egal ob in Hannover, Düsseldorf, München oder Köln oder sonst wo. Und es gilt für alle Messen und regional organisierten Märkte dieser Welt, egal ob in Mailand, London, Miami oder Sidney. Und natürlich steht es für alle Märkte mit beschränktem Zugang, also für alle ordentlichen Märkte - also nur für Flohmärkte nicht.

Da kann man doch eigentlich nur eines schlussfolgern: Wie konnte der Gesetzgeber so weltfern sein, sich so irren? Wieso hat er nicht gesehen, dass offensichtlich jegliche Kooperation, also jede Steuerung der Verhältnisse auf Märkten durch Menschen, den Wettbewerb verfälscht, beschränkt oder verhindert? Und weiter fragt man sich schließlich: Wie kann das Kartellamt Lehrmaterial verbreiten, in dem beschrieben ist, wie Wettbewerb vermeintlich funktioniert, wenn diese fundamentale Erkenntnis schon dem Gesetzgeber versagt ist?

Das Verhältnis von Wirtschaft und Kartellamt ist ja doch recht angespannt. Millionenbußen, Untersagungen und Fusionskontrollen machen ein Kartellamt nicht beliebter. Allerdings wird es auch seitens der Wirtschaft mit anwaltlicher Hilfe immer beliebter, bei allen möglichen Turbulenzen nach dem Kartellamt zu rufen, meist bei Preisturbulenzen nach oben oder bei künstlich aufgebauschtem Fusionstheater, also wenn man nach einem starken Partner sucht, am liebsten mit staatlicher Eingriffsbefugnis. Kartellamt und Kartellverbot sind im Laufe der Jahrzehnte zur Selbstverständlichkeit geworden.

Und so beugt sich die gesamte Wirtschaft mit Selbstverständlichkeit den Compliance-Auflagen, also den Sprechverboten und der Gehirnwäsche, die von Behörden und Gerichten gefordert und von den großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften landauf, landab installiert werden. Und das alles nur, weil ein Gesetzgeber sich irrt.

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25. März 2015

Noble Internationale Kartell-Konferenz

Zweieinhalb Tage Konferenz im chicen Berliner Hilton Hotel.
Die Selbstdarstellung der kleinen, aber feinen Bonner Behörde kennt keine Grenzen.
Wirtschaftspolitische Prominenz auf oberster Ebene tritt an.
Kritiker und der betroffene Mittelstand bekommen keine Rederecht.

Zwei Programm-Details:

"Die dritte Podiumsdiskussion beleuchtet die Stellung öffentlich-rechtlicher Unternehmen zwischen Staat und Gesellschaft und die Herausforderungen, auf die Wettbewerbsbehörden im Umgang mit diesen Unternehmen treffen."

Oder auf Deutsch: Wie kann das Kartellamt staatliche Unternehmen drangsalieren, d. h. wie kann es mitregieren?

"Das vierte Panel befasst sich mit der Ausgestaltung effektiver Verfahren und wirksamer Sanktionen im Rahmen der Kartellrechtsanwendung und bezieht dabei die private Kartellrechtsdurchsetzung im Wege von Schadensersatzklagen ein."

Oder auf Deutsch: "Wie können sich die deutschen Unternehmen untereinander gegenseitig und allseitig mit Schadensersatzklagen überziehen, d. h. wie kann sich die deutsche Wirtschaft gegenseitig zerfleischen?

 

7. April 2014

Der Bauer und der Händler

Der Mensch hat erstaunlicherweise kein Empfinden für Fairness, aber er hat ein Empfinden für Unfairness, sei es, dass er selbst unfair behandelt wird, sei es, dass Dritte unfair behandelt werden – das meint jedenfalls der Fernseh-Philosoph David Precht.

Dem Mitgefühl für Dritte hatten wir wohl das Thema des ARD-Lebensmittel-Talks bei Günter Jauch „Bauer Willi im Billigland“ am Sonntag, dem 10. Mai 2015, zu verdanken. Nicht nur zehntausenden Internet-Lesern, auch Günter Jauch kommt es mittlerweile komisch vor, dass unsere Lebensmittel so überaus billig sind. Für das Kilo Kartoffeln bekommt der Kartoffelbauer manchmal nur noch zwei Cent, so beklagt Jauch schon im Vorspann. (Wer die Sendung nicht gesehen hat: Den Inhalt und das magere Ergebnis des Sendung hat Mathias Zschaler am 11. Mai auf SPIEGEL-online treffend wiedergegeben.)

Etwas weniger Mitgefühl empfinden Jauch und andere mit einem anderen Opfer der Billigland-Politik, nämlich der Familie Haub, der Eigentümerin der Kaiser‘s- und Tengelmann-Läden, wohl auch deshalb, weil es sich um die ehemals reichste Familie Deutschlands handelt. Dennoch: Die Familie Haub hat Mitgefühl verdient, weil hinter ihrem Verkauf der Einzelhandelssparte an Edeka ein wirtschaftlicher Druck steht (15 Jahre lang Verluste), den sie selbst nicht zu verantworten hat. Dieser Meinung ist auch der bekannte Wettbewerbstheoretiker Justus Haucap, vormaliger Präsident der Monopolkommission, der sogar grundgesetzlich geschützte Eigentumsrechte verletzt sieht (FAZ vom 12. April 2015: „Wo die Anwendung des Kartellrechts reformbedürftig ist“).

In der Tat haben beide, der Bauer Willi und der Händler Haub, dasselbe Mitgefühl verdient, denn sie sind beide Opfer desselben Gesetzes: Bis zum Ende des Jahres 1973 war in der Bundesrepublik die Preisbindung für Markenwaren kartellrechtlich erlaubt und auch weitverbreitet. Seither ist sie verboten. (Lediglich für Verlagserzeugnisse, rezeptpflichtige Medikamente und Zigaretten war und ist sie weiterhin zulässig.) Mit diesem gravierenden Eingriff in die Vertragsfreiheit nahm der Gesetzgeber den Produzenten die Preishoheit für ihre Produkte aus der Hand und übertrug sie weitgehend auf den Abnehmer. Das war die Geburtsstunde des Discounters, der schon bald die Kunden in Massen an sich zog und so für die Hersteller zum Großabnehmer wurde – zum Großabnehmer, der mit dem Großauftrag winkt, dem Großauftrag zu niedrigsten Preisen natürlich. Allen voran die Discounter Aldi und Lidl (ehemals auch Schlecker). Die laden ihre Lieferanten alljährlich zum Jahresgespräch ein und übermitteln ihnen schon mit der Einladung ihre Erwartung: „Ab kommendem Jahr gibt es 6 % weniger!“ Oder so ähnlich. (Man beachte: Hier macht der Kunde den Preis!)

Die sinkenden Preise treiben von Jahr zu Jahr den Discountern zusätzliche Kunden in die Läden, Kunden, die dann im Laden des Vollsortiment-Anbieters fehlen. Dem helfen auch alle Qualitäts-Anstrengungen nicht („Kaiser‘s hat die besten Tomaten!“), der Konsument kauft am liebsten billig. Bekannt ist zwar, dass Aldi und Co zu niedrigsten Preisen qualitativ durchaus wertige Produkte verkaufen, aber ihnen fehlt eine qualitative Komponente, die man auch als kulturelle Komponente bezeichnen kann: Die Vielfalt. Das zusammengestrichene Einheitsangebot ist vergleichsweise ärmlich. Wer, wie Kaiser‘s/Tengelmann, an seinem hochwertigen Angebot, geliefert von traditionellen Lieferanten festhält, wird am Ende Opfer der Aldisierung des Lebensmittelhandels und teilt sein Schicksal mit einem dieser Lieferanten: mit Bauer Willi. Aber nicht nur mit ihm, denn aus weniger Produkten werden dann auch sonst weniger, dafür aber immer größere Produzenten-Lieferanten. Die Vielfalt stirbt auch hier.

(Nicht viel besser sind die Folgen der Neuorientierung der wesentlich größeren Mitbewerber Rewe und Edeka, die mit sogenannten Handelsmarken den Aldi-Weg nachvollziehen. Auch hier stirbt die Produkt- und Markenvielfalt am Ende zu Lasten der Verbraucher und der Produzenten.)

Ergo: Dem Bauern Willi und dem Händler Haub und seinen Kollegen kann auf Dauer nur geholfen werden, wenn das schädliche gesetzliche Verbot der vertikalen Preisvereinbarung aufgehoben wird, indem einfach für alle die normale Vertragsfreiheit wiederhergestellt wird. Zur Beseitigung der gesetzlichen Unfairness bedarf es des Mitgefühls des Gesetzgebers, im Fall der Fusion Edeka/Kaiser‘sTengelmann bedarf es des Mitgefühls des Bundeswirtschaftsministers, denn woanders ist Mitgefühl nicht zu erwarten. Auf faire Behandlung durch das Bundeskartellamt warten jedenfalls bisher fast alle vergebens.

 

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21. März 2015

Das Kartellamt schikaniert ungeniert

Tengelmann macht Angebot über Angebot und das Kartellamt lehnt einfach ab. Die Eigentümerfamielie Haub und die 16.000 Mitarbeiter tragen das Risiko einer Bonner Beamtenposse. Trotz fortdauernder Verluste des Unternehmens und nun drohender Arbeitsplatzverluste blockiert das Bundeskartellamt mit modell-ideologischen Argumenten von Marktmacht und Marktabgrenzung die einzig sinnvolle Lösung.

Denn was ist sinnvoller, als das ganze Paket unter das sichere Dach eines wirtschaftlich stabilen Wettbewerbers zu stellen, der schon jetzt vielen selbständigen Einzelhändlern in ganz Deutschland einen hervorragenden organisatorischen Rückhalt gibt?

In Bonn "regiert" offenbar eine abgehobene Behörde, der betriebswirtschaftliche Argumente so gleichgültig sind, wie dem fliegenden Vogel der Autoverkehr am Boden. Ihr Präsident Andreas Mundt betont unablässig, dass es seine Aufgabe sei, den Wettbewerb zu schützen - ohne Rücksicht auf Arbeitsplätze, also ohne Rücksicht auf Menschen und ihre Lebensbedingungen. Ob derlei schikanöse Haltung noch lange Bestand haben sollte, darf bezweifelt werden.

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20. März 2015

Der Wahnsinn hat Methode:

Zuckerfirmen drohen Milliardenforderungen

Erst Kartellbußen von € 280 Millionen, jetzt "Schadensersatz" in Höhe von € 3.000 Millionen (!), die höchste Forderung dieser Art ever.

Wer seinen wirtschaftlichen Verstand benutzt, kann keinen Schaden erkennen. Die Zuckerhersteller haben Jahrzehnte lang den Marmeladen-Herstellern und den Einzelhändlern Millionen von Tonnen von Zucker geliefert, zu Preisen, mit denen die Letztgenannten einverstanden waren. Es fanden die üblichen Verträge statt, man war sich einig.

Warum war man sich einig? Weil beide Seiten ein Geschäft machten: Die Preise wurden Bestandteil der Kalkulation der Marmeladen-Hersteller und der Einzel- oder Großhändler, aber auch der Zuckerproduzenten. Alle wiesen in ihren Bilanzen hohe Personalkosten, Steuerzahlungen und Gewinne aus. Die Gemeinden freuten sich über die Gewerbesteuer-Einnahmen, Personal und Aktionäre freuten sich über die Bonus-Zahlungen, alle Seiten investierten fröhlich in eine vielversprechende Zukunft.

Nach Jahren werden Absprachen aufgedeckt. Jetzt wird nachgerechnet, wer angeblich zu viel gezahlt hat und wer angeblich zuviel kassiert hat.

Dabei kommt der Lieferant, also derjenige, der mit seiner hervorragenden Leistung seinen Kunden Tausende oder Millionen gute Geschäfte ermöglicht hat, nicht so gut weg. Und die Kunden, die jahrelang fröhlich und zufrieden eingekauft haben, bekommen ihre Kalkulation aufgebessert. 

Ab heute und in Zukunft wird es so sein, dass der Lieferant vor einem Kunden sitzt, dem er nicht mehr trauen kann. Warum? Weil er ihm nachträglich seine Marge bzw. Gewinne wegnimmt, in seine Kalkulation eingreift. Und weil dann eine höhere, eine weisere Instanz, nämlich das Bundeskartellamt und das Oberlandesgericht In Düsseldorf nachrechnen und sagen: Der Lieferant hat zu viel kassiert und zuviel verdient.

Ob nach der behördlichen Re-Kalkulation und den Zahlungen von Schadensersatz nicht der Marmeladen-Hersteller oder der Händler, der bei Vertragsabschluss zufrieden gewesen war, jetzt zu viel verdient, fragt niemand. Schließlich ist der Kunde der König und hat die goldene Krone auf. Doch der Lieferant, der die ganze Arbeit hatte, der das ganze Produktionsrisiko trug, der Tausende von Menschen bezahlt und ernährt hat, der seine Gemeinde mit seinen Steuerzahlungen glücklich gemacht hat, der sein Geld in seine Fabrik gesteckt hat, der ist nun der Bettelmann.

Verkehrte Welt!

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19. März 2015

Hochpreis-Insel Schweiz

Auch in unserem Nachbarland Schweiz verstärken sich die politischen Stimmen, die niedrigere Preise fordern, in diesem Fall niedrigere Importpreise. So richtig verstehen kann man das angesichts der Tatsache nicht, dass es sich bei der Schweiz um ein ausgewiesenes Hochlohnland handelt.

Der Autor verkennt offenbar, dass alles, was gut ist für den Konsumenten, erst einmal schlecht für den Anbieter sein muss, insbesondere für den Hersteller. Es müsste doch leicht zu begreifen sein, dass ein Hochpreisland auch ein Hochlohnland und ein Hocheinkommensland sein muss. Denn nur wo es hohe Preise gibt, gibt es hohe Margen, eine hohe Wertschöpfung und also genug Geld, das zur Verteilung an die Leistungsersteller zur Verfügung steht.

Denn Preise sind Löhne. Wer hohe Preise angreift, greift den allgemeinen Wohlstand an, schafft Armut. Die sich seit Jahren öffnende Einkommenschere in Deutschland ist das beste Beispiel. Unsere Gewerkschaften verlieren von Jahr zu Jahr an Einfluss, weil es nichts mehr zu verteilen gibt und die Reallöhne nicht mehr steigen.

Fehlende Tarifbindung ist von Übel

Die Modelltheorie hat Unrecht! Nicht der Wettbewerb schafft den Wohlstand, sondern der individuelle Wohlstand aller addiert sich zum Gesamtwohlstand.

 

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2. März 2015

Pressemitteilungen des Bundeskartellamts:
Untypische Personalisierung der Kommunikation

Pressemitteilungen des Bundeskartellamtes enthalten im zweiten Absatz üblicherweise eine einleitende Zusammenfassung in Form einer kursiv gedruckten Aussage seines Präsidenten Andreas Mundt.

exemplarisch:     17. Februar 2015  -  6. Februar 2015  -  29. Januar 2015  -  26. Januar 2015  -  22. Januar 2015

So werden alle Pressemitteilungen des Bundeskartellamtes automatisch zum persönlichen Sach- und Fachkompetenz-Dokument für Ihren Präsidenten.

Der jetzige Präsident, Andreas Mundt, ist seit dem Jahr 2009 Präsident des Bundeskartellamtes. Das Archiv auf der Homepage das Amtes gibt Einblick die 679 Pressemitteilungen seit dem Jahr aus 2000. Anhand dieser lässt sich unschwer feststellen, dass die heutige Praxis im Jahr 2010, also ein Jahr nach seiner Amtseinführung, Einzug gehalten hat:

                      BKartA-Archiv 2000 bis heute

Bei anderen Behörden ist es üblich, dass der Präsident den Jahresbericht vorlegt und kommentiert, allenfalls noch Ereignisse an denen der Behördenleiter, z. B. ein Bundes- oder Landesminister, unmittelbar selbst beteiligt ist. Vergleichbare personality-shows wie beim Bundeskartellamt, wo die Eigenbeteiligung des Behördenleiters zu jedem Kartellfall quasi automatisch mit eingebaut wird, sind bei keiner anderen Landes- oder Bundesbehörde zu entdecken.

 Und die Selbstdarstellung des Amtes und ihres Präsidenten hat Folgen:
Das Amt bekommt eine politische Macht, die ihm nicht zusteht. Es treibt die Politik vor sich her:

exemplarisch:    Kartellamt treibt Altmaier zur Eile

Das European Trust Institute fordert, diese behördenunübliche Praxis sofort zu beenden.

 

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23. Februar 2015

Handelsblatt - Morning Briefing

"Die EZB unterschätzt die Wirkungen des Internets - die Schaffung von Preistransparenz, das Ausschalten von Zwischenhändlern und damit den Angriff auf nahezu alle Geschäftsmodelle" schreibt Gabor Steingart heute in seinem Morning-Briefing. Was er leider nicht erwähnt wird ist, dass Kartellamt und Kartellrecht diese Angriffe "auf nahezu alle Geschäftsmodelle" mit Millionenbußen unterstützen. Die Ökonomie des Bundeskartellamtes scheint eine andere zu sein, als die Ökonomie der Realität.

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19. Februar 2015

Kartellwächter sorgen für Unmut

Endlich kratzt die Presse kräftig am Image des Bundeskartellamts:
Das Handelsblatt regt sich in den Ausgaben vom 18. und 19. Februar über dessen Willkür-Entscheidung i. S. Edeka/Tengelmann auf und freut sich über die Stimmen der Kartellamts-Kritiker. Wir dürfen uns auf die eigene Schulter klopfen - allerdings nur mit Handelsblatt-Premium-Zugang: http://www.handelsblatt.com/my/unternehmen/handel-konsumgueter/bundeskartellamt-und-der-fall-tengelmann-waechter-ohne-weitsicht/11392796.html?ticket=ST-5423054-cAJjosiAyPlRyPUI0L7Q-s02lcgiacc02.vhb.de

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17. Februar 2013

Bundeskartellamt rügt die Gemeinde Titisee-Neustadt

.... und die Gemeinde ist empört. Bürgermeister Hinterseh hat für das Vorgehen der Behörde kein Verständnis wehrt sich in der SWR-Landesschau mit klaren Worten!. Zurecht!

Denn das Bundeskartellamt hat am 29. Januar 2015 festgestellt, dass die Gemeinde Titisee-Neustadt bei der Vergabe ihrer Wegerechte für Strom- und Gasnetze missbräuchlich gehandelt hat. Dazu ein Textausschnitt von der Homepage des Bundeskartellamtes, mit der man den Beschluss rechtfertigt:

"Die Vergabe der Wegenutzungsrechte ist eine unternehmerische Tätigkeit, auf die das Kartellrecht Anwendung findet. Da die Kommunen in ihrem Gemeindegebiet marktbeherrschend sind, unterliegen sie auch dem kartellrechtlichen Missbrauchsverbot ..."

Das ist Unsinn, denn:

1. Die Vergabe von Nutzungsrechten durch eine Gemeinde ist keine unternehmerische Tätigkeit, sondern eine hoheitliche, sonst wäre die Einstellung von Beamten auch eine und. h. das Kartellrecht kann keine Anwendung finden.

2. Die Gemeinde ist nicht marktbeherrschend, sondern im Rahmen ihrer kommunalen Aufgaben regierend tätig, d. h. übt ihre Tätigkeit im Rahmen des staatlichen Macht-Monopols (!) aus, d. h. sie beherrscht keinen Markt, sondern eine Gemeinde - sie ist kein Anbieter auf einem Markt, sondern Verwalter kommunaler Rechte.

3. Ein Gebrauch kommunaler Macht unterliegt der Kommunalaufsicht und mitnichten der Aufsicht durch eine Kartellbehörde.

Hier liegt seitens des Bundeskartellamtes ein typischer Fall der Überschreitung der sogenannten Kompetenz-Kompetenz vor. Kompetenz-Kompetenz ist die Kompetenz einer Behörde, sich selbst die Zuständigkeit für eine Sache zuzuweisen.

http://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Meldung/DE/Pressemitteilungen/2015/29_01_2015_Titisee-Neustadt_Untersagung.html;jsessionid=E5201F373A88DAB13751B61C96E9CED8.1_cid387?nn=3591568

 

 

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14. Februar 2015

Manager im Fadenkreuz

Angesichts des Berichts im Standard.at und im Finanztreff.de über die weltweit stetig wachsenden Aktivitäten der Kartellbehörden und die immer unberechenbarer werdenden Kartellbußen - auch Strafen gegen Manager -, ist es an der Zeit, an Alan Greenspans Rede vom 12. Juni 1998 zu erinnern, veröffentlicht in Ayan Rands Buch "Capitalism - The Unknown Ideal", worin er sagt:

"No speculation, however, is required to assess the injustice and the damage to the careers, reputations, and lives of business executives jailed under the antitrust laws. Those who allege that the purpose of the antitrust laws is to protect competition, enterprise, and efficiency, need to be reminded of the following quotation from Judge Learned Hand's indictment of ALCOA's so-called monopolistic practices:

… ALCOA is being condemned for being too successful, too efficient, and too good a competitor. Whatever damage the antitrust laws may have done to our economy, whatever distortions of the structure of the nation's capital they may have created, these are less disastrous than the fact that the effective purpose, the hidden intent, and the actual practice of the antitrust laws in the United States have led to the condemnation of the productive and efficient members of our society because they are productive and efficient."

FinanzTreff.de

http://www.finanztreff.de/news/dgap-news-weltweit-verhaengte-kartellbussen-2014-auf-rekordhoehe---autozulieferer-weiter-i/10237609

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5. Februar 2015

Die Jubelbilanz des Bundeskartellamtes für das Jahr 2014 fällt doch etwas karger aus, als dessen offiziellen Meldungen tönen.

Nicht nur, dass Deutschlands größter Fleischunternehmer Tönnies durch die Verlagerung von Aktiva seiner betroffenen Firmen der Behörde ein Schnippchen schlägt, die Zahlen der Kartellbehörde sind auch deshalb überhöht, weil auch noch einige andere Empfänger von Bußgeldbescheiden im Jahr 2014 Widerspruch eingelegt haben und sich gegen die völlig überzogenen Kartellbußen vor Gericht wehren wollen.

WirtschaftsWoche

http://www.wiwo.de/unternehmen/industrie/suender-schlaegt-fahnder-wurstkoenig-toennies-trickst-das-kartellamt-aus/11303150.html

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8. Februar 2015

"Durch die Fixierung des Bundeskartellamts auf Niedrigstpreise wird dabei ein ruinöser Preiskampf der Unternehmen befördert. Am Ende gewinnt die stärkste Kriegskasse und die Behörde befördert so die Monopolentwicklung der Wirtschaft - statt langfristig für fairen Wettbewerb zu sorgen, was eigentlich ihre Aufgabe wäre."

Oder anders ausgedrückt: Zu viele Wettbewerber scheiden durch den Preiskampf aus, d. h. das Bundeskartellamt zerstört den Wettbewerb, weil es hilft, die Wettbewerber zu zerstören. Vom Schaden für viele Menschen, für die Arbeitsplätze, die Produktqualität und vom Verlust an Produkt- und Branchenwissen ganz zu schweigen.

HANNOVER ZEITUNG

http://www.hannover-zeitung.net/aktuell/wirtschaft/47225866-bundeskartellamt-schadet-dem-wettbewerb

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16. Juni 2014

Für Aufruhr sorgte eine Aktion des Fachverlages 'markt intern' unter dem Titel: "Das Kartellamt macht den Laden dicht!" Deutsche Geschäftsinhaber wehren sich darin gegen die Konkurrenz aus dem Internet - und gegen das Bundeskartellamt, das Onlinemärkte begünstigt.

"DER SPIEGEL Nr. 24/2014  "Totengräber des Fachhandels"

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1. Juli 2014

Firmenlenker und Juristen beklagen die Macht des Bundeskartellamts.

Manager Magazin Nr. 7/2014. "Das Kartellamt - die Verhinderer"

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12. Juli 2014

Der Fachhandel stirbt. Die Innenstädte veröden. Qualifizierte Arbeits- und Ausbildungsplätze schwinden. Die Gewerbesteuereinnahmen brechen ein. Das soziale und gesellschaftliche Leben der Städte verliert mit den mittelständischen Unternehmern Engagement und Unterstützung. Im Onlinehandel entstehen monopolistische Strukturen, nur eine Handvoll Internethändler teilen die Milliardenumsätze unter sich auf. In Deutschland zahlen sie oft nicht mal Steuern. Ein wesentlicher Faktor bei dieser Entwicklung ist die Politik des Bundeskartellamtes, die den Herstellern die Vertriebswege vorschreiben will.

"Das Kartellamt macht den Laden dicht"

Das Kartellamt macht den Laden dicht

eine Aktion von 'markt intern' - Düsseldorf

 

Weiter: http://www.stoppt-das-kartellamt.de

 

 

 

"Alle haben die gleichen Preise" 

6. Juni 2011

Ein guter Freund, selbst Kaufmann, sagte mir kürzlich, er habe beim Kauf von Spargel auf dem Münchener Viktualienmarkt an mich denken müssen. Er habe bei einem Dutzend Händlern die Preise verglichen und siehe: Vergleichbare Spargel-Qualitäten hatten überall den gleichen Preis. Er sah damit meine ständige Behauptung, dass die Händler schon morgens auf dem Großmarkt alle Preise absprechen, als bewiesen an.

Man kann daraus jetzt zweierlei schließen: Entweder sind - wie das Bundeskartellamt nicht aufhört zu behaupten - alle Kaufleute die sich absprechen Betrüger, die den Verbraucher schädigen, also auch alle Händler (ca. 200.000) auf allen deutschen Gemüsemärkten (ca. 5.000), oder das Bundeskartellamt hat vom Geschäft des Händlers und von der Tätigkeit eines Kaufmannes keine Ahnung. Naheliegend wäre - wenn man letzteres unterstellt - der Schluss, das Kartellrecht, das Absprachen generell unter Strafe stellt, grundlegend zu ändern.

 

 

 

"Preiskampf: EU will Milchbauern Kartellgründung erlauben"

DER SPIEGEL, 4. Dezember 2010

 Ein Silberstreif am Europa-Horizont für unsere Milchbauern: Um Sie in Ihrer Existenz zu schützen, dreht der neue Agrar-Kommissar Ciolo die Uhr zurück und wendet sich gegen die Position des Chef-Verbraucher-Schützers Almunia (EU-Kommissar Wettbewerb):

Eine einmalige Chance - auch für unseren Gesetzgeberr - zu erkennen, dass öffentliche Kartelle nicht verwerflich, sondern manchmal unumgänglich sind. „Manchmal“ heißt: vor allem bei homogenen Massengütern (Zucker, Milch, Holz, Benzin, Zement, bzw. bei Rohstoffen generell). Derlei Kartelle haben nichts mit irgend welchen Hinterzimmer-Verabredungen zu Lasten des Verbrauchers zu tun, sondern dienen dem Erhalt von Qualität und von Sozialstandards. Sie sind Ausdruck einer sozialen Marktwirtschaft. Die bestehenden gesetzlichen Abrede-Verbote gehen direkt zu deren Lasten.

 

"Erfolgreiche Kartellverfolgung" - Nutzen für Wirtschaft und Verbraucher

Bundeskartellamt im Juli 2010

Wohl ein einmaliger Vorgang:

Das Bundeskartellamt als Strafverfolgungsbehörde wirbt in einer aufwändigen Imagebroschüre um Verständnis für sein Tun - wohl ausgelöst durch das wachsende Unverständnis und die sich häufende Kritik. Das Amt lobt sich ob seiner Erfolge bei der Verfolgung von Kartellsündern und ob der Höhe der ausgereichten Bußen. Geworben wird für Schadenersatzklagen gegen Unternehmen, für Kartellbußen in neunstelliger Höhe, für erweiterte Ermittlungsbefugnisse, für Denunziatentum unter Marktkollegen ("Kronzeugenprogramm als Erfolgsfaktor") und für einen "Einsatz, der sich insbesondere für den Verbraucher auszahlt".

Bis vor wenigen Jahren sah sich das Kartellamt als "Hüter des Wettbewerbs". Da die EU das Kartellrecht seit ein paar Jahren nur noch "zum Schutz des Verbrauchers" einsetzt, hat auch in Bonn ein Umdenken in diese Richtung eingesetzt. Der "Nutzen für die Wirtschaft" ist nur noch ein Feigenblatt, um zu verhindern, dass die Zuständigkeit für das Kartellamt vom Wirtschaftsministerium zum Verbraucherschutzministerium verlegt wird.

Geschähe das, könnte sich das Wirtschaftsministerium wieder ausschließlich für die Wirtschaft einsetzen und nicht mehr auch gegen sie!

 

"Extreme Sozialschädlichkeit"

Der Spiegel 24/2010, S. 81. PDF, 540 kB

In einem Spiegel-Interview muss sich der Kartellamtspräsident Andreas Mundt die Frage gefallen lassen, "ob man die Marktwirtschaft auch zu Tode retten kann". Natürlich wischt Mundt souverän alle Kritik zur Seite, als gesetzestreuer Leiter einer Behörde muss er das auch. Dennoch ist auffällig, dass das wichtige Meinungsblatt doch vergleichweise rüde Fragen stellt. Der insgesamt kritische Unterton bleibt beim Leser hängen, nicht zuletzt weil der anerkannte Kartellrechtler Prof. Möschel mit dem Wort "unerträglich" zitiert wird, mit dem er die fehlende Gewaltenteilung bei der Verhängung der Bußgelder beklagt.

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"Schon komisch: Pietätsfrist für Grabsteine"

Handelsblatt, 26.04.2010

"... ein Urteil des Bundesgerichtshofes (Az.I ZR 29/09). Steinmetze, ist dort zu lesen, handeln wettbewerbswidrig, wenn sie unmittelbar nach Erscheinen einer Todesanzeige den Angehörigen Werbung für Grabsteine ins Haus schicken. Verschiedene Gerichte hatten nach Klagen der Wettbewerbszentrale ganz unterschiedlich geurteilt und damit ein heilloses Durcheinander bei den Pietätsfristen für Grabsteiwerbung angerichtet. Nun steht fest: Die Zeit zwischen Todesanzeige und Werbebrief muß mindestens zwei Wochen betragen. Der deutsche Verbraucher ist schwer erleichtert. Zar schützt ihn  niemand vor den produkten, die er nicht versteht - etwas amerikanischen Immobilienfonds oder Zertifikaten, die in anderen Ländern verboten sind. Doch wenn er das Zeitliche gesegnet hat, ist das deutsche Wettbewerbsrecht wieder ganz auf seiner Seite. Bravo!"

Da sieht es man mal wieder: Solange weder die Jurisprudenz noch die Ökonomik den Begriff "Wettbewerb" klar definiert haben, so lange ist alles "wettbewerbswidrig", was nicht schnell genug den Baum hinauf kommt ...

Benzinpreis: "Jetzt schaltet sich das Kartellamt ein"

Bild, 06.04.2010

Das abgestimmte Verhalten der Tankstellen hat seine Ursache in offiziellen, für die Gesellschaft verbindlichen Vorgaben bzw. Absprachen! Denn: Anlass für die Vorab-Preisfestsetzungen durch die Tankstellen sind die Festlegungen der Feiertage durch die Kirchen (die darauf ein Monopol haben) und die Festlegungen der Schul-Ferientage durch die Länder (die darauf auch ein Monopol haben!). Die Tankstellen als flexible, kaufmännisch organisierte Unternehmen wiederum, haben mit den Autofahrern in Jahrzehnten immer dieselbe Erfahrung gemacht: sie sind an den Feiertagen „wie Lemminge“ unterwegs. Die Tankstellen stellen sich deshalb darauf ein und planen richtigerweise die Erhöhungen im vorraus. Und weil es jedes Jahr dasselbe ist, bedarf es gar keiner weiteren Abreden und wo es keine Abreden gibt, können auc die Behörden keine finden. Oder noch besser: Diese Überlegungen gelten für die Preisgestaltung der gesamte Reisebranche, wie man unschwer den großen Ganzjahrestabellen in den Katalogen der Reiseveranstalter entnehmen kann. Was also, soll dann am Verhalten der Tankstellen schlecht sein?

Deutsche Rettungsdienste schlagen Alarm

DerWesten, 11.02.2010

Die EU hat die deutschen Hilfsdienste im Visier, weil ausländische Anbieter nicht zum Zug kommen. Änderung wird angestrebt und das immer mit dem Argument des Mangels an Wettbewerb. Was allgemein übersehen wird, ist die Kehrseite der Medaille: Das Mehr an Wettbewerb bedeutet stets ein Mehr an Preiswettbewerb. Sinkende Preis mögen ein Vorteil für den Verbraucher sein, sie sind aber immer auch ein Nachteil für die Qualität. Was bei den Hilfsdiensten vor allem auf dem Spiel steht, ist die Qualität an Infrastruktur, an Versorgungsdichte. Ein Preiskampf erzeugt denselben Effekt wie bei einer anderen Infrastruktur-Institution: der Post. Demnächst gibt es keine Postämter mehr und noch weniger Briefkästen - was für den Briefverkehr nicht so schlimm ist, denn da geht es nicht so oft um Leben und Tod wie bei den Rettungsdiensten.

Verfahren gegen Krankenkassen

Kartellrechtblog, 22.02.2010

Die Aussage unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel "in anderen Fällen wäre das ein Fall für's Kartellamt" zur konzertierten Erhöhung der Kassenbeiträge durch die gesetzlichen Krankenkassen hat Wirkung gezeigt: Das Bundeskartellamt hat ein Verfahren eingeleitet - ein Amt gegen eine gesetzliche Sozialeinrichtung. Wo ist der Sinn?